Tunnelkompetenz

Technische Meisterleistung

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Wie die RSRG unter Extrembedingungen den Gotthard-Basistunnel wieder instand gesetzt hat.

Nach der schweren Entgleisung eines Güterzugs musste eine sieben Kilometer lange Strecke der festen Fahrbahn umfassend saniert werden – eine technische Herausforderung unter schwierigsten Bedingungen.

 

Der Gotthard-Basistunnel (GBT) ist mit 57 Kilometern der längste Eisenbahntunnel der Welt und eine zentrale Verkehrsader Europas. Täglich passieren zahlreiche Güter- und Personenzüge die Strecke . Umso wichtiger ist es, die schnelle Verbindung zwischen Nord- und Südeuropa durch die Alpen reibungsfrei am Laufen zu halten. Im August 2023 war das aber plötzlich nicht mehr der Fall.

Der Unfall und seine Folgen

Der defekte Radsatz eines Güterzugs entgleiste und beschädigte einen wesentlichen Abschnitt der Infrastruktur schwer. Besonders betroffen war die Feste Fahrbahn inklusive Schienen, Schwellenblöcke und Spurwechseltor.

 

Sofort nach dem Unfall begann die Räumung des Tunnels, bei der die RSRG unterstützend tätig war. Der verunfallte Zug sowie altes Material wurden entfernt und anschliessend die Schadensanalyse und das Sanierungskonzept durch die RSRG erstellt. Die Entscheidung fiel auf eine vollständige Erneuerung des betroffenen Bereichs, um höchste Fahrbahnanforderungen zu gewährleisten.

Sanierung mit Hochgeschwindigkeit

Die Arbeiten begannen Ende Oktober 2023 und folgten einem strikten Zeitplan, um den Tunnel schnellstmöglich wieder in Betrieb zu nehmen. Zunächst erfolgte der Einbau der beiden Schnellfahrweichen mitsamt den Antrieben in der Multifunktionsstelle Faido. Anschliessend wurde die beschädigte Fahrbahn komplett erneuert, wobei Schienen, über 20 000 Schwellenblöcke und die Betonschicht ersetzt wurden.

 

Aufgrund der hohen Anforderungen an die Gleisgeometrie und Stabilität wurden modernste Fräs-, Betonier- und Vermessungstechniken eingesetzt. Die verbauten LVT-Stützpunkte, ein bewährtes System zur Reduzierung von Vibrationen, sorgen für eine langlebige und stabile Fahrbahn.

Logistische Herausforderungen im Tunnel

Der begrenzte Platz und der Zugang über nur eine Tunnelröhre machten die Arbeiten besonders anspruchsvoll. Material und Personal mussten präzise koordiniert werden , Transportfahrzeuge, Betonpumpen und Maschinen exakt aufeinander abgestimmt operieren. Der Einbau der neuen Gleise erfolgte nach einem strukturierten Ablauf: Rückbau der beschädigten Fahrbahn, Fräsen, Vermessen, Betonieren und anschliessend Schweissen. Der Fortschritt der Prozessschritte wurde im hauseigenen WebGIS „Maps of RSRG “ der Abteilung Digital Rail Services (DRS) dokumentiert und visualisiert.

 

Bis zu 80 Mitarbeitende arbeiteten täglich im Dreischichtbetrieb unter anspruchsvollen klimatischen Bedingungen im Tunnel. Pro Woche wurden etwa 300 Meter der beschädigten Fahrbahn erneuert.

 

Eine besondere Herausforderung bestand darin, dass der Betrieb des Güterverkehrs in der benachbarten Tunnelröhre eingeschränkt erfolgen musste. Dies war eine logistische Herausforderung für die SBB und alle Ausführenden, die im gesamten Bauablauf eingeplant und berücksichtigt werden musste.

Die Dimensionen des Projekts

Die Sanierung erforderte immense Materialmengen und logistischen Aufwand:

  • Knapp 23 500 LVT-Blöcke wurden aus- und wieder eingebaut. 
  • Rund 4 500 m³ Beton wurden ausgefräst und erneut eingebracht

Extreme Bedingungen für Mensch und Technik

Die hohen Temperaturen und die begrenzte Luftzirkulation im Tunnel erschwerten die Arbeiten erheblich. Zudem erforderte die hohe Belastung durch Staub und Maschinenabgase spezielle Schutzmassnahmen für die Arbeiter:innen, darunter Atemmasken und eine streng kontrollierte Belüftung.

Maximale Anforderungen an die Präzision

An die Feste Fahrbahn werden sehr hohe Ansprüche hinsichtlich der Einbaugenauigkeit gestellt. Aufgrund des internationalen Verkehrs wurden daher die maximalen Anforderungen der Schweiz mit denen der EU kombiniert. Es musste sowohl auf der Strecke wie auch im Weichenbereich eine relative und absolute Genauigkeit von +/- 2 mm nachgewiesen werden.

Hochgenaue und effiziente Vermessung

Um diese Anforderungen einhalten zu können, musste während des gesamten Bauprozesses des über sieben Kilometer langen Abschnittes mehrfach gemessen werden. Ein vierköpfiges Team von Digital Rail Services sorgte rund um die Uhr dafür, dass vor und nach der Betonage der Festen Fahrbahn alle Anforderungen eingehalten wurden. Auch die abschliessenden Arbeiten wurden mehrfach geprüft, wobei die Verantwortlichen hierfür ein IMUbasiertes Messystem einsetzten. Dies ermöglichte die Aufnahme des vollständigen Abschnittes an einem Tag.

 

Ausserdem wurden Testfahrten mit speziellen Messfahrzeugen durchgeführt, um Sicherheit und Fahrkomfort zu garantieren. Erst nach erfolgreichem Abschluss aller Tests wurde der Tunnel für den regulären Bahnverkehr freigegeben. 

Jede Schwelle zählt

Eine weitere wichtige Herausforderung war die Dokumentation der Lagegenauigkeit von den annähernd 23 500 Schwellen. Um diese schnell und zuverlässig durchführen zu können, kam ein Messsystem mit zwei Laserscannern zum Einsatz. Aus der erzeugten Punktwolke wurden die LVT-Schwellen mittels Machine Learning durch Digital Rail Service klassifiziert und abschliessend die Ist-Lage jeder einzelnen Schwelle automatisch bestimmt. Dank des international aufgestellten Teams und der Ausnutzung aller Synergien innerhalb des Unternehmens konnte der komplette Prozess in wenigen Wochen entwickelt werden.

Fazit

Ein Erfolg für den Bahnverkehr

Die Sanierung des Gotthard-Basistunnels war ein Meilenstein in der Instandhaltung europäischer Infrastruktur. Dank präziser Planung, modernster Technik und höchster Ingenieurskunst konnte der Tunnel innerhalb kürzester Zeit, termingerecht und ohne Verzögerungen wieder sicher in Betrieb genommen werden. Ein beeindruckendes Beispiel für Effizienz und Teamarbeit im Bahnverkehr. Der GBT bleibt ein Symbol für Fortschritt – heute und für die Mobilität von morgen.

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